Wie aus der Anfrage eines einzelnen Mitarbeiters eins unserer aktuellen Groß-Projekte wurde

Heute sprechen wir mit Dr. Stefan Fries, einem unserer vier Geschäftsführer, und Dr. Marion Felbel, eine unserer Change Beraterinnen, über ihre Arbeitsschwerpunkte in einem großen Change Projekt. Sie begleiten mit zwei weiteren change factory Kollegen ein deutsches Mittelstandsunternehmen aus dem Bereich Mobility durch einen umfassenden Change Prozess. Dieses Unternehmen mit einer über 100-jährigen Tradition gehört heute zu einem der weltweit führenden Unternehmen mit einem Umsatz von rund 2,5 Milliarden Euro. Die Change Management Beratung in diesem Transformationsprojekt ist mit großen Herausforderungen für das Führungsteam und die Mitarbeiter verbunden.


1. Stefan, meine erste Frage geht an Dich: Wann und wie seid Ihr zu diesem Projekt gekommen?

Stefan Fries: Also, wir sind im Frühjahr 2019 von einem Mitarbeiter aus diesem Unternehmen angesprochen worden, der uns auf der Liste von Brand 1 für die besten Beratungen im Bereich Change und Transformation entdeckt hatte. Das Telefonat war schon sehr angenehm und ging in die Tiefe. Kurz danach wurden wir zum Pitch eingeladen, den wir dann auch gewonnen haben. Und seitdem sind wir mit bis zu 4 Kollegen dabei.

 

2. Gab bzw. gibt es in diesem Projekt besondere Herausforderungen?

Stefan Fries: Also, das Projekt ist schon eine komplexe Transformation. Es geht zum einem um den Bau eines neuen Firmengebäudes inkl. Werk und Büroräumen, den Umzug in eine neue kollaborative Arbeitsumgebung, die Änderung des Firmennamens, die Transition des kompletten ERP Systems auf ein neues SAP System und damit die Einführung neuer Prozesse, die von einem Schwesterwerk aus dem Ausland kopiert werden. Damit ändern sich auch die Arbeitskultur, viele Zusammenarbeitsthemen und das Thema Führung. Dafür gibt es eine eigene von Mitarbeitern getragene Kulturinitiative. Gleichzeitig ist das Unternehmen voll auf Wachstumskurs und will extrem viele neue Leute einstellen, die über eine eigene Employer Branding Kampagne angezogen werden sollen. Also, eine ganze Menge Herausforderungen, die wir begleiten dürfen.

Marion Felbel: Ja, wie Stefan es gerade gesagt hat: dieses Projekt ist komplex, und wir haben schon nach wenigen Monaten erlebt, wie sehr der Veränderungsprozess in alle Bereiche des Unternehmens hineingewirkt hat. Als wir mit der Situationsanalyse starteten, erlebten wir, dass eine relativ große Gruppe von Mitarbeitern sich wenig interessiert, kritisch oder gar ablehnend gegenüber der neuen Arbeitsweise und dem Umzug an den neuen Standort äußerte. Es ist uns aber im Laufe der Zeit gelungen, die meisten von ihnen zu überzeugen, dass sie von der Umstellung dank guter Unterstützung durch Information, Trainings und individuelle Beratung auch persönlich profitieren.

Man hat uns nach einigen erfolgreichen Interventionen dann auch anvertraut, an der gesamten Dramaturgie des Rebrandings und an der Employer Branding Kampagne mitzuarbeiten. Der Umfang unseres Auftrags wurde immer größer, und wir konnten eine Vielzahl von Maßnahmen einsetzen, um die Mitarbeiter für das Neue zu begeistern und sie zu Beteiligten zu machen.

 

3. Welche Konzepte und Methoden haben sich aus Eurer Sicht besonders bewährt?

Marion Felbel: Ich schildere hier mal, was im Bereich Kommunikation aus meiner Sicht besonders erfolgreich war: Zu Beginn haben wir die Change Story weiterentwickelt: der Beschreibung der strategischen Neuausrichtung des Unternehmens, die im Target Picture definiert war, haben wir die Perspektive der Mitarbeiter hinzugefügt. Damit wurde deren Erwartungshaltung ebenso wie die Skepsis gegenüber dem Change Prozess auch im Lenkungskreis thematisiert. Für die Mitarbeiter war es wichtig, dass ihre teilweise kritische Sichtweise auf die veränderten Arbeitsprozesse berücksichtigt und ernst genommen wurde. Für uns war diese “Bottom-up“ Information natürlich wichtig, weil wir unsere Maßnahmen direkt auf die aktuellen Befindlichkeiten abstimmen konnten.

Die kontinuierliche interne Information über die Veränderungen erfolgte schwerpunktmäßig über das Intranet, da wir die COVID-Sicherheitsregeln einhalten mussten und viele vor-Ort-Formate nicht umsetzen konnten. Um die Mitarbeiter mit zielgruppenspezifischer Information versorgen zu können, haben wir den Aufbau des Menüs im Intranet den neuen Anforderungen im Change Prozess angepasst. Viele CM-Maßnahmen haben wir über Videos und Artikel auf diesem Kanal an die Mitarbeiter kommuniziert. Gut angenommen wurden beispielsweise Erklär-Videos und andere Video-Sessions, die wir im Talk-Format produziert haben. Zusätzlich haben wir für die Mitarbeiter in der Produktion einen neuen Print-Newsletter aufgelegt, um auch diejenigen zu erreichen, die sich nicht regelmäßig über den PC im Intranet einloggen. Und letztlich haben wir das Zusammenspiel von interner und externer Change Kommunikation ebenfalls mitgesteuert, und Pressearbeit sowie Stakeholder Management Aktivitäten, zum Beispiel im Bereich Community Relations, geplant und umgesetzt.


Vielen Dank, Marion, ich gebe die Frage nach bewährten Methoden auch noch mal an Dich, Stefan, weil Du ja einen anderen Schwerpunkt in dem Projekt hast:

Stefan Fries: Ja, ich antworte mal für die Bereiche Projektmanagment und Change Management, wo ich persönlich viel gemacht habe. Wir haben u.a. die Change Architektur aufgebaut und „betreiben“ ihre komplette Umsetzung. So steuern wir z.B. auch über eine eigens gewählte Agentur alle IT- und Prozess-Trainings, die im Zusammenhang mit diesem Projekt angeboten werden. Zudem haben wir ein umfangreiches Change Monitoring (3 große Umfragen bei allen Mitarbeitern und jeden Monat im Programmteam) etabliert. Aber wir haben nicht nur die Manager im Blick, sondern stellen sicher, dass wirklich jeder Mitarbeiter die Möglichkeit hat, sich über die Veränderungen zu informieren. So bieten wir z.B. jedem Mitarbeiter an, die neue „Heimat“ in einer ausführlichen „Willkommens-Tour“ vor Ort kennenzulernen. Diese „Beteiligungs-Events“ sind aus unserer Sicht ein sehr wichtiges Element, damit die Veränderung auch von vielen angenommen wird.

Wir haben auch zusammen mit der internationalen Programmleitung und dem Leadership Team zwei Change Agents Gruppen aufgesetzt: einerseits eine bereichsübergreifende Gruppe, die den New Ways of Working im Sinne eines Aktivitätsorientierten Arbeitens im neuem Büro ausplant und bei der Einführung unterstützt. Zudem gibt es noch eine wachsende Grassroot Kulturbewegung, die insgesamt in allen Bereichen eine neue Zielkultur fördern soll.


4. Welche Learnings habt Ihr nach knapp 1 1/2 Jahren aus diesem Projekt mitgenommen?

Stefan Fries: Also, wir haben v.a. gelernt, wie man flexibel Change Formate in Pandemie-gerechte Formate bringt: z.B. viele Events, die wir hybrid durchgeführt haben: Also wenige Leute vor Ort und die Mehrheit via Live Stream zugeschaltet und gleichzeitig dann über parallele Kanäle mit den Betrachtern in den Dialog kommen. Andererseits mussten wir auch erkennen, dass wir für einige Gruppen, z.B. die Produktions-Mitarbeiter, neue analoge Formen, wie eine Produktionszeitung, auflegen mussten, da wir sie online kaum erreicht haben. Persönlich bereichernd war für mich vor allem die Interaktion mit einem internationalen Programmteam an unterschiedlichen Standorten. Das hat mir nochmals gezeigt, dass wir hier in Deutschland immer noch viel zu sicherheitsorientiert vorgehen.

Marion Felbel: Wir haben uns nicht nur mit neuen Aufgabenstellungen befasst, sondern mussten uns auch auf wechselnde Ansprechpartner in einem internationalen Beraterteam einstellen. Das war nicht immer einfach, weil sich mit neuen Projektmitarbeitern auch einige Zielsetzungen in der Arbeit veränderten. Ich persönlich habe sehr viel dazugelernt in der Umsetzung von Videoproduktionen an in- und ausländischen Standorten, die aufgrund der Corona-Maßnahmen teilweise im Studio und nicht vor Ort realisiert werden mussten. Hier waren schon viel Kreativität und Flexibilität gefragt, weil wir mehrere Teams auf dasselbe Ziel einstimmen und Authentizität mit vorhandenem Filmmaterial herstellen mussten. Letztlich war es vor allem die ausgezeichnete Teamarbeit, die immer wieder zu sehr guten Ergebnissen geführt hat. Mit einer Guerilla-Marketing Aktion zum Rebranding erzeugten wir selbst bei den weniger interessierten Mitarbeitern Interesse am Aufbruch in die neue Arbeitswelt. Das Feedback, das uns die Mitarbeiter dazu gegeben haben, war außerordentlich positiv und hat uns ermutigt, so weiterzuarbeiten.

 

5. Dann noch die abschließende Frage: Welche persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse nehmt Ihr aus der Zusammenarbeit mit diesem Kunden mit?

Stefan Fries: Also zwei Dinge haben mich wirklich beeindruckt. Wir konnten eine Transformation auf allen Ebenen und allen Themen über einen langen Zeitraum begleiten und waren wirklich verantwortlich bis zum letzten Newsartikel auf dem Intranet. Und wir konnten einmal ganz neue Dinge wagen: wir haben für das Rebranding eine Nacht-und-Nebel Sprayeraktion mit einer begleitenden viralen Guerilla-Kampagne auf Whatsapp gefahren. Da hatten wir innerhalb von einer Stunde Awareness im ganzen Unternehmen.

Marion Felbel: Eine persönliche Bereicherung war für mich die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit einigen sehr engagierten Mitarbeitern und mit anderen Freelancern. So konnte ich mich auf der Suche nach kreativen und innovativen Möglichkeiten, die Maßnahmen der Change Kommunikation wirkungsvoll und auch mal überraschend neu umzusetzen, mit Kollegen aus den verschiedensten Fachbereichen austauschen. Das hat mir persönlich besonders viel Spaß gemacht. Dabei entwickelten sich auch Gemeinsamkeiten, die uns beflügeln, in Zukunft weiter zusammenzuarbeiten, auch wenn wir dieses Projekt abgeschlossen haben.

 

Vielen Dank für die sehr konkreten Einblicke von Euch in dieses spannende Projekt. Wer weitere Fragen dazu hat, weil er sich mit seinem Unternehmen vielleicht in einem vergleichbaren Prozess befindet und/oder sich mit ähnlichen Fragen beschäftigt, kann Euch und die weiteren Kollegen jederzeit gerne kontaktieren:

Dr. Stefan Fries, Projektmanager:
 stefan.fries@change-factory.de
Dr. Marion Felbel, Change Kommunikation und Kampagnen-Kreation:
 marion.felbel@change-factory.de
Colin Nitzpon, Workshop Moderation / „New Ways of Working“:
 colin.nitzpon@change-factory.de
Christine Lax, Change Monitoring:
 christine.lax@change-factory.de

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